PRESSE zu:

 

Michael Denhoff, Skulpturen – Klavierzyklus op. 76

Martin Tchiba, Klavier

Telos Music Records CD TLS 088

 

 

 

 

 

NMZ / März 2010

 

SKULPTURALE FANTASIEN

Neue Partituren, vorgestellt von Max Nyffeler

 

Eine reizvolle Idee liegt dem Klavierzyklus „Skulpturen“ von Michael Denhoff zugrunde. Die fünf Stücke sind das Resultat eines Zwiegespräches ohne Worte mit dem Bildhauer Wolfgang Ueberhorst, bei dem jeder Partner mit den ihm eigenen künstlerischen Mitteln auf den jeweiligen Beitrag des anderen antwortete. Der Komponist ließ sich zu höchst fantasievollen Klaviersätzen inspirieren; sie besitzen, was nicht erstaunt, einen ausgeprägt räumlich-konstruktiven Charakter. Der ansprechend edierte Notendruck enthält neben den Abbildungen der bildnerischen Objekte auch anregende Reflexionen der beiden „Gesprächspartner“ über das Verhältnis von Musik und Bildender Kunst. (Edition Gravis, EG 1800:; eine CD-Aufnahme ist bei Telos, TLS 088, erschienen)

 

 

 

Dissonanz/Dissonance, #107 September 2009

 

Die zweite Neuerscheinung gilt Michael Denhoffs Klavierzyklus „Skulpturen“ (1996-2005). Der Zyklus besteht aus fünf „Skulpturen“, die auch einzeln gespielt werden können und die auf Bronze-Skulpturen des Bildhauers Wolfgang Ueberhorst reagieren. Über zehn Jahre dauerte das interdisziplinäre "Gespräch" zwischen Bildhauer und Komponist, wobei die jeweilige Reaktion stets allein vom Gesehenen bzw. Gebörten ausging, ohne dass sich die beiden Künstler über gedanktiche Hintergründe ausgetauscht hätten – ein interdisziplinäres Experiment ohne Crossover-Gejubel. Notgedrungen fehlt dieser CD die eine Hälfte des Gesprächs (Abbildungen im Booklet bringen etwas Aufklärung), aufhorchen lässt aber auch schlicht die Musik, Denhoffs ausladende und doch sehr reduzierte Gesten, die körperlich wirkende Harmonik, die stehenden Grundklänge, welche halb-imaginäre Eigenklänge der Bronze-Skulpturen zu umkreisen scheinen, die frappierend räumliche Organisation der Zeit, die fast objekthaft in den Raum gestellten Klänge oder die ostasiatisch angehauchte Atmosphäre. Das Klavier setzt er primär auf konventionelle Art ein, nur behutsam erweitern Präparierungen, Flageoletts, das Summen des Pianisten, tibetanische Klangschalen oder ein Buckelgang die Spektren. Tchiba scheint sich in der auratisch aufgeladenen Materialität dieser Musik wunderbar wohl zu fühlen und findet zu einer faszinierend plastischen und durchaus bekenntnishaften Intensität.

 

Tobias Rothfahl

 

 

Die Zeit, Nr. 51, 11. Dezember 2008

 

ZEIT-Mitarbeiter empfehlen CDs, DVDs und Musikbücher

Rubrik: Die auf ein neues Talent aufmerksam machen

 

Michael Denhoff: Skulpturen op. 76

Martin Tchiba, Klavier (Telos TLS 088)

Die pianistische Herausforderung heute lautet: Farbenreichtum im Einzelton zaubern! Der junge Martin Tchiba kann das.

 

Frank Hilberg

 

 

Neue Zeitschrift für Musik, Ausgabe September/Oktober 2008

 

„Dieser Gedankenaustausch ist als ein Gespräch angelegt; das impliziert bereits, dass beide Künstler ihre jeweilige Disziplin als Sprache auffassen wollen. Anstelle des häufigen zeitgenössischen Crossover-Esperantos findet das Gespräch zwar in zwei verschiedenen Sprachen, aber auf einer thematischen Ebene stand“, bemerkt der Bildhauer Wolfgang Ueberhorst über seinen «interdisziplinären» Dialog mit dem Komponisten Michael Denhoff. Sechs Skulpturen stehen fünf in einem Zeitraum von zehn Jahren (1996-2005) entstandenen Klavierstücken gegenüber, die sich ihrerseits zum Zyklus Skulpturen op. 76 formieren. Den Ausgangspunkt bildete Ueberhorsts Bronzeskulptur Schlafende Muse, auf die Denhoff mit einem Klavierstück reagierte, das seinerseits zur „Vorlage“ für eine weitere Skulptur geriet usw. - wobei verabredet war, Titel oder Untertitel (zunächst) zu verschweigen, um die Wahrnehmung und mithin die schöpferische Antwort nicht einzuengen und in bestimmte Richtungen zu lenken. Dennoch, so Denhoff, „sind wir durch die besondere Art des Reagierens auf formale und gestalterische Phänomene gestoßen, auf die wir wohl sonst nicht gekommen wären“.

Tatsächlich schuf er mit seinen Skulpturen einen in seiner auratischen Intensität außergewöhnlichen Klavierzyklus. Und der 1982 in Budapest geborene Pianist Martin Tchiba erweist sich als technisch versierter und einfühlsamer Pianist, der den spezifischen Anforderungen der einzelnen Skulpturen – jeder liegt eine eigene Materialkonfiguration zugrunde – und ihren mannigfaltigen Beziehungen untereinander allenthalben gerecht wird: vom meditativen Beginn über punktuell expressive Ausbrüche und stärkerer Präsenz gestischer Elemente bis zur Fokussierung eines (geistigen) Zustands der Entmaterialisierung, in dem, wie Denhoff es ausdrückt, die „magische Schwere des Materials mit verrätseltem Nach- und Mitschwingen eines verborgenen Grundklangs" verbunden ist.

Zwar geht auf CD der unmittelbare Eindruck körperlich-haptischer Momente verloren, die den Interpreten selbst zur beweglichen Skulptur im Raum werden lassen. Doch die Dichte der Interpretation lädt ein, das geistige Auge beim Hörerlebnis dahingehend zu aktivieren. Nun läge es nahe, solcherart auch Ueberhorsts Skulpturen gleichsam abzutasten, die Musik spricht aber ohne Einbußen für sich selbst. Dass die bildhauerischen Werke im Booklet abgebildet sind und neben erläuternden Kommentaren von Komponist und Interpret auch der Bildende Künstler darin zu Wort kommt, macht gleichwohl Sinn und rundet das Erscheinungsbild dieser gelungenen Produktion ab.

 

Egbert Hiller

 

 

Rondo-Plus 5/08

 

Bei Saariaho sind optische Eindrücke die Inspira­tion zu vielen Kompositionen, bei ihrem Kollegen Michael Denhoff zumindest zu dieser einen: Der 2005 nach knapp einem Jahrzehnt abgeschlos­sene Klavierzyklus »Skulpturen« entstand sogar im fortgesetzten Dialog zwischen Auge und Ohr. Nachdem Denhoff eine erste Arbeit des befreun­deten Bildhauers Wolfgang Ueberhorst in eine Klanggestalt übertragen hatte, übersetzte Ueberhorst diese in eine neue Skulptur, die wiederum Ausgangspunkt für ein neues Klavierstück wurde. Die Gesamteinspielung des gut einstündigen Zyklus durch Martin Tchiba muss nolens volens mit dem Manko leben, dass hier gewissermaßen nur ein Teil des Gesprächs produziert ist – ein Manko, das allerdings zum ei­nen im Booklet durch Fotos von Ueberhorsts Arbeiten kompensiert wird, zum anderen auch dadurch, dass die in sich weitgehend homogenen Kla­vierstücke den Anspruch erheben, auch für sich allein als Klangskulpturen erfahrbar zu sein. Denhoffs Musik bedenkt und ermisst ihren jeweiligen Gegenstand ohne Hast, sie wiederholt, umkreist und vertieft ihre Eindrü­cke und versucht, sich dabei selbst wie ein Objekt im Raum aufzuspannen.

 

Raoul Mörchen

 

 

FonoForum, Ausgabe Oktober 2008

 

SINNLICH

In wechselseitiger Inspiration vollendeten der Bildhauer Wolfgang Ueberhorst und der Komponist Michael Denhoff von 1995 bis 2007 sechs Bronze-Skulpturen sowie fünf musikalische „Skulpturen“. Die in ihrem Tonmaterial sehr reduziert gehaltenen Klavierstücke weisen Bezüge zur ostasiatischen Musik auf und verlangen neben traditionellem Klavierspiel auch avantgardistische Spieltechniken: Flageolett-Töne, vokales Summen, Klangschalen- und Buckelgongspiel. Der 1982 in Budapest geborene Martin Tchiba weiß diese Stücke sehr klangsinnlich und mit beachtlicher Präzision zu deuten. Sehr präsenter Klavierklang, allerdings mit einer Tendenz zur synthetischen Kühle.

 

mfv

 

 

Köln-Bonner-Musikkalender, Nr. 230 September 2008

 

Oftmals haben sich Musiker von Literatur oder bildender Kunst zu Eigenem anregen lassen. Im Falle des Klavierzyklus "Skulpturen" des Bonner Komponisten Michael Denhoff handelt es sich aber zweifellos um eine tiefer lotende Angelegenheit, und zwar um ein gegenseitiges Geben und Nehmen zwischen dem Musiker und dem Bildhauer Wolfgang Ueberhorst, dessen "Schlafende Muse" Denhoff zu seinem 1996 geschriebenen Stück "Skulptur" anregte, das wiederum Ueberhorst mit einer neuen Arbeit "beantwortete", und so ging es weiter, bis neun Jahre später Denhoff das fünfte Stück seines Zyklus komponiert hatte und der Bildhauer noch ein letztes mal daraufhin eine neue Skulptur schuf. So sind insgesamt fünf Musikstücke und sechs Werke bildender Kunst entstanden, die miteinander in engstem "interdisziplinären Dialog" stehen, wie es Denhoff im Untertitel seines Opus 76 nennt, das jetzt in einer sehr geschmackvollen CD-Edition bei "telos music" erschienen ist. Gespielt wird der Zyklus von dem jungen Pianisten Martin Tchiba, der sich im Verlauf der letzten Jahre intensiv in die spezielle Klangwelt des Komponisten eingelebt hat. Dies erscheint insbesondere darum notwendig, weil Denhoffs Musik zumal in den letzten Jahren eine stark meditative Komponente zu eigen geworden ist, die man sozusagen erfühlen, erleben muss, und die sich nicht ohne Weiteres aus den puren Noten ablesen lässt. Auch vom Hörer verlangt diese Musik ein intensives Bemühen um feine und feinste Klangvaleurs: Es gibt viele Pausen und lang verhallende Klänge im pianissimo, die überhaupt wahr zu nehmen vor allem Stille der Umgebung voraus setzen, ebenso wie man Ueberhorsts Skulpturen ja auch nur in einer von anderen Gegenständen freien Umgebung erfassen und genießen kann. Es ist Musik entschieden gegen den Trend unserer Zeit zu Oberflächlichkeit und dem "Nebenher"-Konsum von Kunst gleichsam parallel zum Alltag: Man muss sich konzentrieren können und wollen. Aber wem dies gelingt, erfährt hier Viel und viel Neues über die Möglichkeiten, Klänge sozusagen "körperhaft" zu gestalten, wie es hier intendiert wird. Entsprechend möchte man sich dazu Hologramme der Skulpturen wünschen, die man im Beiheft zwar in guten Foto-Reproduktionen zu sehen bekommt, deren "Körperlichkeit" man aber doch nur erahnen kann. Alles in allem zeigen die "Skulpturen" einen denkbaren Weg auf, die heutige Kunst aus der unverschuldeten Sackgasse zu führen, in die sie im Laufe der vergangenen Jahrzehnte geraten ist.

 

Gunter Duvenbeck

 

 

Bonner Generalanzeiger, Ausgabe 2. 8. 2008

 

"Skulpturen" für Klavier ist das Ergebnis eines künstlerischen Dialogs

 

Für den ungewöhnlichen Titel "Skulpturen", den der Bonner Komponist Michael Denhoff seinem jetzt auf CD erschienenen Klavierzyklus verliehen hat, gibt es eine einfache Erklärung.

Die fünf Stücke sind Ergebnis eines künstlerischen Dialogs, den der Musiker mit dem in Bad Godesberg geborenen Bildhauer Wolfgang Ueberhorst geführt hat: Die erste Skulptur inspirierte Denhoff zu seinem ersten Stück, das wiederum Ueberhorst zu seiner zweiten Skulptur anregte. Das 1996 begonnene "Gespräch" fand erst 2007 seinen Abschluss.
Nun hat sich der junge Pianist Martin Tchiba der Klavierwerke angenommen, deren ungewöhnliche, zum Teil neuartige Spieltechniken voraussetzende Klangstrukturen er mit großer Sensibilität nachformt. Gefordert wird dabei freilich auch eine immense technische Könnerschaft, die Tchiba souverän zum Einsatz bringt.

 

Bernhard Hartmann